Das Schulterblatt ist ein flacher, dreiseitiger Knochen mit einer wichtigen Funktion: Er verbindet den Arm mit dem Rumpf und verbessert dessen Beweglichkeit. Deshalb sind Beschwerden der Scapula häufig direkt mit einer Bewegungseinschränkung der Oberen Extremität verbunden. Damit schränken sie das Wohlbefinden von Patienten/-innen stark ein. Dieser Artikel bietet eine Übersicht über den Aufbau des Knochens, seinem Einbau in den Schultergürtel und seine Funktionen. Auch einige häufige Beschwerden im Bereich der Scapula sind beschrieben.
Inhaltsverzeichnis
- Definition
- Anatomie und Aufbau
- Funktion und Bedeutung
- Schmerzen und Symptome
Schulterblatt – Definition
Der dreieckige, platte Knochen, der dem Brustkorb dorsal aufliegt ist das Schulterblatt (Latein: Scapula). Es ist nicht über klassische Gelenke mit dem Rumpf verbunden, sondern vor allem über die Rückenmuskulatur, in welche es eingebettet ist. Dadurch wird ein Gleiten über den Rumpf und damit eine erhöhte Bewegungsfreiheit des Schultergelenks ermöglicht. Die Scapula bildet gemeinsam mit der Clavicula (Schlüsselbein) den Schultergürtel.
Scapula – Anatomie und Aufbau
Entsprechend ihrer Dreiecks-Form benennt man drei Seiten der Scapula: Die zur Wirbelsäule hin gelegene Margo medialis, zur Seite hin die Margo lateralis und die obere Margo superior. Die drei laufen im Angulus lateralis (oben seitlich), superior (oben medial) und im prominenten Angulus inferior zusammen. Ihre flache Seite zeigt zum Brustkorb (Facies costalis) und bildet mit der Fossa subscapularis den Ursprung des gleichnamigen Muskels. Die Facies dorsalis – die Hinterseite des Schulterblatts – wird durch einen Knochenkamm (Spina scapulae) in zwei Flächen geteilt. Die obere Fossa supraspinata und die untere Fossa infraspinata. Auch hier verlaufen gleichnamige Muskeln.
Die Spina scapulae steigt nach lateral hin an und endet im Acromion, der Schulterhöhe. Dieses ragt gemeinsam mit einem weiteren Vorsprung – dem Processus coracoideus nach vorne. Beide sind an der Gelenkverbindung zwischen Schulterblatt und Schlüsselbein beteiligt. Das zwischen ihnen verlaufende Band –das Ligamentum coracoacromiale – bildet zudem die Fornix humeri, die als Dach das Schultergelenk gegen Einflüsse von oben schützt.
Klinik: Untersuchung des Schulterblatts (Inspektion und Palpation)
Die prominenten Knochenpunkte der Scapula ermöglichen eine ausgiebige nicht-invasive Untersuchung des Knochens. Zur Inspektion gehört dabei die Beurteilung der Symmetrie der Schultern und des Reliefs der Muskulatur. Bei der Palpation (Tasten) sucht man vor allem nach Fraktur- oder Luxationszeichen. Gleichzeitig können Schmerzen Hinweis auf Entzündungen, Läsionen oder Luxationen der Muskelsehnen oder ein Impingement-Syndrom sein.
Neben der Artikulation acromioclavicularis (Verbindung zum Schlüsselbein) ist das Schulterblatt außerdem noch alleinständig Teil des Schultergelenks (Art. humeri): Die Cavitas glenoidalis bildet dessen Gelenkpfanne. Darüber entspringt die lange Sehne des M. biceps brachii (Tuberculum supraglenoidale), darunter das Caput longum des M. triceps brachii (Tuberculum infraglenoidale).
Medial des Proc. coracoideus befindet sich eine Einsenkung in der Margo superior, die Incisura scapulae. Hier zieht der N. suprascapularis, der den gleich genannten Muskel versorgt.
Anatomische Variationen der Scapula
Auf der Incisura scapulae verläuft ein Band, das Lig. transversum scapulae superius, das bei einigen Menschen verknöchert sein kann. In diesem Fall wird die Incisura zum Foramen scapulae. Bei dieser anatomischen Variation kann es zu einer Einklemmung des Nervs und damit einer Funktionseinschränkung und Schmerzen im Bereich des M. supraspinatus kommen. Die versorgende Arterie verläuft auf dem Band und ist nicht betroffen.
Neben der Verknöchern ist eine weitere Variation die scapula scaphoidea: Bei Menschen mit dieser Anatomie ist die Margo medialis konkav, was die Form des Schulterblatts verändert.
Scapula – Funktion und Bedeutung
Die Scapula ist als Teil des Schultergürtels an der Verbindung zwischen Rumpf und Oberer Extremität beteiligt. Darüber lässt sie sich auf drei Arten bewegen, wobei sie zumeist in den Bewegungen der Clavicula mitgenommen wird und im Schulterblatt-Thorax-Gelenk auf dem Brustkorb entlanggleitet: Zum einen kann sie vor- und rückgeführt werden, wobei sie um die Rippen herum von dorsomedial nach ventrolateral verläuft. In der Transversalebene lässt sie sich Heben und Senken (Schulterzucken).
Besonders interessant ist die Rotation des Schulterblatts in der gleichen Ebene: Hierbei wandert der Angulus inferior nach lateral, während sich der Angulus superior in Richtung medio-kaudal bewegt. Diese Rotation um eine dorsoventrale Achse in der Mitte der Knochenplatte ermöglicht die Elevation der Arms über die eigentlichen Bewegungsgrade des Schultergelenks hinaus. Das Verhältnis der Abduktionsbewegung ist dabei etwa 2:1, das heißt, dass bei einer Elevation des Arms von 90 Grad eine 60-Grad-Bewegung im Schultergelenk und eine 30-Grad-Rotation der Scapula stattfinden. Dieses Phänomen bezeichnet man als „humeroscapularen Rhythmus“.
Humeroscapularer Rhythmus im klinischen Alltag
Das zur Beschriebene Bewegungsverhältnis kann durch Erkrankungen im Schultergelenk stark eingeschränkt sein. Meist bewegt sich die Scapula dabei schon um einiges früher mit, um die Bewegungseinschränkung auszugleichen. Ist das Art. humeri vollständig versteift, lässt sich der betroffene Arm lediglich noch um 40 bis 60 Grad heben.
Schulterblatt – Schmerzen und Symptome
Schmerzen im Bereich des Schulterblatts haben in den meisten Fällen Verspannungen oder Entzündungen von Muskeln der Rotatorenmanschette als Ursache. Doch auch der Knochen selbst kann verletzt sein: Eine Scapulafraktur wird häufig durch Unfälle mit hochenergetischer Krafteinwirkung verursacht. Der häufigste Grund sind Verkehrsunfälle. Doch auch ein Sturz auf die Hand kann einen Bruch der Knochenplatte verursachen. Manchmal kommen entsprechende Frakturen auch bei nicht-akzidentellen Vorhängen (beispielsweise bei Kindesmisshandlung) vor.
Scapula alata
Bei der Scapula alata steht der Angulus inferior des Schulterblatts ab, wobei die Krankheit nach ihrem Symptombild benannt ist (ähnelt Flügeln – „Aal“ in Latein). Sie lässt sich durch den Scapula-alata-Test delektieren: Hierbei stützt der/die Patient/in beide Hände an einer Wand ab, der Oberkörper ist leicht geneigt. Das Krankheitsbild entsteht, wenn der N. thoracicus longus bei seinem Verlauf am Oberkörper komprimiert oder anderweitig geschädigt wird. Dies entsteht häufig beim Tragen von schweren Rucksäcken oder Taschen. Durch die Nervenschädigung wird der M. serratus anterior, der das Schulterblatt in Position hält, in seiner Funktion eingeschränkt. Meist handelt es sich jedoch nur um ein kosmetisches Problem, bei dem eine spontane Besserung durchaus Wahrscheinlich ist.
Autor
Lilli Abstein
Medizinstudentin
Lilli Abstein ist Medizinstudentin im klinischen Abschnitt an der Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg und promoviert im Bereich der Ernährungsmedizin. Ihre Begeisterung für die Medizin will sie möglichst vielen Menschen vermitteln und Prävention fördern, weswegen sie nicht nur schon seit Jahren als Teil der Medi-Karriere Redaktion tätig ist, sondern auch ehrenamtlich Aufklärung betreibt. In ihren Texten finden sich ihre eigenen Erfahrungen aus Studium, Klinik und Praxis, spannende Hintergrundfakten und Neuigkeiten wieder.